Johannes Müller

Positionspapier des BDU zur Insolvenzantragspflicht

von Johannes Müller

Wenn Kunden nicht zahlen: Forderungsausfälle versichern – Liquidität sicherstellen

Stand 21.08.2020

Nachdem wir uns in einigen unserer Artikel in diesem Blog für die schnelle Umsetzung des präventiven Restrukturierungsrahmens ausgesprochen haben, fordert nun der BDU (Bund Deutscher Unternehmensberater e.V.) in seinem Positionspapier die Umsetzung bis spätestens zum 01. April 2021.

 

Positionspapier BDU / Fachverband Sanierungs- und Insolvenzberatung

INSOLVENZANTRAGSPFLICHT

Das COVInsAG hat sein Ziel sehr gut erreicht! Jetzt muss der Gesetzgeber behutsam nachjustieren .... und den präventiven Restrukturierungsrahmen schnell umsetzen

Die Diskussion über die Verlängerung der im COVInsAG geregelten Aussetzung der Insolvenzantragspflichten für von der Corona-Krise betroffene Unternehmen hat Fahrt aufgenommen. Diese wird gerade von den Insolvenzverwaltern vor dem Hintergrund deutlich zurückgehender Fallzahlen und dem sich am Horizont klarer abzeichnenden präventiven Restrukturierungsrahmen zunehmend schrill geführt. Der Bundesverband Deutscher Unternehmensbe-rater (BDU) kommt im Hinblick auf das weitere Vorgehen zu einer differenzierteren Bewertung.

Die deutsche Wirtschaft ist wie alle Volkswirtschaften weltweit völlig unvorbereitet von der Coronakrise getroffen worden. Umsätze sind in einzelnen Branchen von heute auf morgen nahezu völlig zusammengebrochen; selbst funktionierende Geschäftsmodelle sind massiv unter Druck geraten.

Das schnelle Handeln des Gesetzgebers war richtig!

In dieser Situation hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten unter den Bedingungen des COVInsAG dafür Sorge getragen, dass es nicht zu einem Massensterben gut aufgestellter Unternehmen gekommen ist. So konnten erhebliche Schäden für den Standort Deutschland und der umfangreiche Wegfall von Arbeitsplätzen vermieden werden. Nach Ansicht des BDU war und ist diese Entscheidung und das schnelle Handeln des Gesetzgebers genau richtig. Es gab keine Alternative. Dass dabei auch Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht mehr zeitgemäß ist, in den Genuss eines „verlängernden Leidens“ kommen und sogenannte „Zombie-Unternehmen“ vorübergehend entstehen können, ist in diesem besonderen Fall gesamtwirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung und nicht zu kritisieren. Der dadurch entstehende Schaden ist sicher um ein vielfaches geringer als der Schaden, der durch eine Vielzahl unkontrollierter Insolvenzen im Frühjahr und Sommer 2020 ausgelöst worden wäre.

Keine Verlängerung beim Aussetzen der Antragspflicht!

Allerdings empfiehlt der BDU bei den Maßnahmen nachzujustieren. Denn: Die Unternehmen werden bis zum 30. September2020 ein gutes halbes Jahr Zeit gehabt haben, aus der Krise zu lernen und sich auf die unverschuldete Situation einzustellen. In einigen Branchen ist das Geschäft auch wieder angelaufen und die Gesamtfolgen der Krise für das eigene Unternehmen lassen sich klarer abschätzen. Ein halbes Jahr ist ausreichend Zeit, um sich auf das geänderte Umfeld einzustellen, die Finanzen zu ordnen, Vereinbarungen mit Gläubigern zu treffen oder frisches Geld – nicht zuletzt über die zahlreichen öffentlichen Programme – einzuwerben. Es darf insgesamt erwartet werden, dass der redliche Unternehmer seine Hausaufgaben gemacht und die Zeit genutzt hat. Hat er es nicht und ist er nach wie vor nicht in der Lage, seine fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, ist er zahlungsunfähig und es wäre auch zum Schutz der Gläubiger wichtig, dass in diesem Fall zwingend Insolvenzantrag gestellt wird. Nach Auffassung des BDU sollte die Aussetzung der Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit insofern nicht verlängert werden.

Aber: Antragspflicht bei Überschuldung bis zum 31.03.2021 weiter aussetzen!

Anders verhält es sich mit der Überschuldung: Diese führt dann zur Antragspflicht, wenn keine positive Fortbestehensprognose besteht, also das laufende und kommende Jahr nicht durchfinanziert sind. Diese Sicherheit gibt es aber aktuell nach wie vor nicht. Niemand weiß, wie sich die Corona-Zahlen entwickeln und welchen Einfluss dies auf die jeweiligen Märkte hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Vielzahl von Unternehmen, die sich gerade wieder im Aufwind befinden, die aber ihre Corona-Verluste nur mit staatlich gefördertem Fremdkapital decken konnten, eben nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit diese Finanzierungssicherheit haben. Eine sofortige Wiedereinführung der Antragspflicht bei Überschuldung würde diese Unternehmen ohne Not und unkontrolliert ins Insolvenzverfahren treiben, obwohl derzeit noch ausreichend liquide Mittel vorhanden sind, um das Geschäft fortzuführen. Nach Auffassung des BDU sollte daher die Aussetzung der Antragspflicht bei Überschuldung bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

Präventiver Restrukturierungsrahmen muss ganz schnell kommen!

Von höchster Bedeutung ist auch, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) schnellstmöglich die Umsetzung des von der EU vorgegebenen präventiven Restrukturierungsrahmens sicherstellt. Gerade dieses Sanierungsinstrument ist nach allem, was wir wissen, sehr gut geeignet, ohne die Schäden eines Insolvenzverfahrens befürchten zu müssen, sanierungs- und zahlungsfähige Unternehmen, die sich gleichwohl in Schwierigkeiten befinden, zu restrukturieren. Es ist damit wie geschaffen für überschuldete Unternehmen. Der präventive Restrukturierungsrahmen sollte daher spätestens am 1. April 2021 in Kraft treten, wenn die Aussetzung der Antragspflicht wegen Überschuldung endet. Denn nur so ist die nächste Insolvenzwelle zu vermeiden.

 

Link zum Positionspapier des BDU

 

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