Johannes Müller

Unternehmensplanung in COVID-19-Zeiten

von Ralph P. Obersteiner

Wenn Kunden nicht zahlen: Forderungsausfälle versichern – Liquidität sicherstellen

Stand 02.07.2020

Bereits in der Finanzkrise 2007 / 2008 und der anschließenden Euro-Krise haben viele Unter­nehmen festgestellt, dass starre Unterneh­mensplanungen mit mehrjährigen Planungs­zeiträumen kein adäquates Mittel sind, um mit den Herausforderungen einer solchen Krise umzugehen. Noch mehr gilt dies nun für die Zeit, während der wir mit der Corona-Virus-Pandemie und COVID-19 leben müssen.

 

Zudem haben sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Europa seit dem Jahr 2008 verschlechtert. Griechenland ist durch die Pandemie wirtschaftlich stark betroffen und wird in seinen Stabilisierungsbestrebungen erheblich zurückgeworfen. Länder wie Spanien, Portugal und insbesondere Italien stellen für die EURO-Zone zusätzliche signifikante Risiken und ein erhebliches Krisenpotenzial dar. Dann wären da noch der bisher in seinen Auswirkungen unverarbeitete Brexit, die andauernde Flüchtlingskrise und die unberechenbare Handelspolitik des erratischen US-Präsidenten Trump. Dies alles wird zur Belastungsprobe für die Europäische Union. Die Gemengelage ist explosiv und hat in Summe das Potenzial für die massivste globale Wirtschafts- und Finanzkrise, die alle bisherigen ökonomischen Krisen in den Schatten stellen könnte. Unternehmen müssen sich darauf vorbereiten, einen längeren Zeitraum in einem durch Krisen bestimmten Umfeld zu leben und zu überleben.


Eine integrierte Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanung ist unabdingbar
Das Management benötigt in einem solchen Umfeld einen anderen Ansatz für die Unternehmensplanung als in „normalen“ Zeiten. Da aus insolvenzrechtlichen Gründen - trotz der befristet gültigen Erleichterungen hinsichtlich der Insolvenzantragstatbestände des CovInsAG¹ - die Insolvenzantragsgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung weiterhin laufend geprüft werden müssen, ist eine integrierte Erfolgs-, Bilanz- und Finanzplanung unabdingbar. Sowohl die Liquiditätsentwicklung als auch die Entwicklung des Eigenkapitals müssen im Fokus des Managements bleiben und mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden. Dies steht auch im Einklang mit den GoP ² / BDU, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen Verpflichtung zur Unternehmensplanung für die Geschäftsleitung. Sollten mit der Planung auch Anforderungen gemäß IDW S 2, S 6, S 9 oder S 11 zu erfüllen sein, so gelten in einem solchen Kontext die nachstehenden Ausführungen umso mehr.


Rollierender Forecast statt statische Planung
Eine Unternehmensplanung in einem derart unübersichtlichen Szenario, wie wir es aktuell mit COVID-19 erleben, muss eine schnelle Neuaus­richtung der Planung sowie der daraus abzuleitenden Maßnahmen unterstützen und zugleich die Krisenresilienz des Unternehmens fördern und verbessern.

Dies ist bei der in einer solchen Krise herrschenden Prognoseunsicherheit mit einer starren Mehrjahresplanung nicht zu erreichen. Ein rollierender Forecast dagegen, ergänzt um eine Bandbreite sorgsam ausgewählter Szenarien, ist in der Lage, schneller und deutlich fundierter Auskunft zu der Entwicklung der wesentlichen Erfolgs-, Bilanz- und Finanzkennzahlen in Abhängigkeit sich nicht ausreichend vorhersehbar verändernder Entwicklungspfade zu geben.

In „normalen“ Zeiten wird für die Budgetierung sowie für die Erstellung von Forecasts und Abweichungsanalysen ein der jeweiligen Sicht entsprechendes, treiberbasiertes Modell genutzt. In den Zeiten von COVID-19 reicht dies allein nicht mehr aus. Vielmehr ist es erforderlich, syste­matischer vorzugehen und dabei die tatsächliche Ausgangslage des Unter­nehmens sicher zu fixieren, einen Abgleich mit einer ggf. vor Ausbruch von COVID-19 vorhandenen Unternehmensplanung vorzunehmen, eine für das Unternehmen richtungsweisende Basisplanung mit den situationsgerechten Handlungsoptionen zu erstellen, eine taugliche und flexible Datenbasis für die Gestaltung einer Bandbreite situationsgerechter Szenarios (sich komplementär ergänzende Worst-, Real- und Best-Case-Szenarios) aufzubauen, die „richtigen“ und entscheidenden Treiber (auf Erfolg & Cash) herauszufinden, die es ermöglichen, einen rollierenden, szenariobasierten Forecast - ohne den gesamten Planungsprozess im Unternehmen erneut zu starten - leicht anzupassen und fortzuschreiben, dem konservativen Setup von Planprämissen den Vorzug zu geben und auf übertriebene Präzision zu verzichten.

Erfolgskritisch ist die Analyse der Treiber, die auf das eigene Geschäft wirken und dessen Entwicklung maßgeblich beeinflussen. Aktuell ist zudem durchaus anzuraten, eine höhere Zahl von Szenarien als „nur“ jeweils ein Worst-, Real- und Best-Case-Szenario zu erstellen, die dem Management in Abhängigkeit von dem eintretenden Entwicklungspfad schnell ermöglichen, die Auswirkungen auf die entscheidenden Kennzahlen und die daraus resultierenden Handlungsoptionen und Entscheidungen abzuleiten.


Eine wesentliche Schwierigkeit in dieser Zeit ist für viele Unternehmen, den Grad der Leistungsminderung bzw. des Nachfrageausfalls im Zeit­verlauf der kommenden Monate zu prognosti­zieren. Dies hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dennoch lassen sich umsatzabhängige Kosten gut in Abhängigkeit von der Umsatzbasis des Unternehmens budgetieren. Ebenso gilt dies für das aktuell häufig eingesetzte Instrument „Kurz­arbeit“. Hat man die Fixkosten und die sprungfixen Kosten für die Basisplanung sicher bestimmt, ist es - ein leistungsfähiges Planungssystem vorausgesetzt - eine überschaubare Aufgabe, für unterschiedliche Leistungskurven in den kommenden Monaten Planszenarien zu entwickeln. Dabei sollten die Prognoseparameter die Dauer, die Ausprägung bzw. Tiefe der Krise und die Zeitspanne bis zur Normalisierung des Geschäftsverlaufes mit Bedacht variiert werden. Die Zeitspanne der Szenarioplanung sollte mindestens 12, besser 18 Monate umfassen.


Krisenresilienz des Unternehmens stärken
Wesentlich ist es in einer solchen Krise, die kurz- und mittelfristige Entwicklung des Cashflows im Focus zu behalten. Einer besonderen Sorgfalt bedarf es daher bei der Erstellung der Finanzplanung. Sofern die Zeitschritte der Planung Monate umfassen, sollte davon abweichend (ab Übergang Ist auf Plan) eine rollierende Feinplanung als 13-Wochenplanung erstellt werden. Grundsätzlich sollte das Management sich auf die KPI’s konzentrieren, die wirklich für das Unternehmen und sein Geschäft von bestimmender Bedeutung sind. Diese sollten sorgsam mit dem treiberbasierten Modell für die Unternehmensplanung bzw. den rollierenden Forecast abgeglichen werden.


Planung war noch nie eine besonders einfache Managementaufgabe. Führen heißt planen und Führung ist insbesondere in Zeiten einer Pandemie eine Herausforderung, der sich das Management nachhaltig und mit dem unbedingten Willen zum Erfolg stellen muss. Dazu gehört auch, die bisherigen Strategien in Bezug auf Supply Chain und Global Sourcing auf den Prüfstand zu stellen. Es gilt hier die Frage zu beantworten, wie die Krisenresilienz des Unternehmens gestärkt und die Folgen eines zukünftigen Lockdowns gemildert werden können.


Nicht außer Acht gelassen werden sollte die ebenfalls in diesen Zeiten gültige Feststellung, dass jede Krise auch Chancen birgt. Neben dem Vorantreiben der Digitalisierung in den Unternehmen sollte auch der Wettbewerbsbeobachtung hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden. Gerade in solchen Krisen bieten sich Chancen für Übernahmen, Beteiligungen oder Unternehmenszusammenschlüsse.

 

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