Johannes Müller

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben: Nachfolgeregelungen nicht auf die lange Bank schieben

von Klaus Gerkensmeier

 

Wenn Kunden nicht zahlen: Forderungsausfälle versichern – Liquidität sicherstellen

Unternehmensnachfolge: Schon das Wort an sich ist quasi ein - wenn auch hausgemachtes - Problem; es birgt reichlich Zündstoff und Konfliktpotenzial. Dabei geht es hier um die Weichenstellung für die Zukunft eines Unternehmens. Denn ohne eine fähige Führung und ohne eine klare Strategie kann ein Unternehmen am Markt nicht erfolgreich agieren.

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Gerade Familienunternehmen geraten diesbezüglich immer öfters in  Zugzwang. Wenn der eigene Nachwuchs abwinkt und auch andere Familienmitglieder das Unternehmen nicht übernehmen können oder wollen, steht ein ganzes Lebenswerk auf der Kippe. Ganz zu schweigen von den Angestellten bzw. Mitarbeitern, die über Jahre, oftmals Jahrzehnte, dem Unternehmenslenker loyal gefolgt sind und mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Erfolg respektive zum Bestehen des Unternehmens geleistet haben. Auch ihnen droht urplötzlich das Aus, falls die Firma keinen geeigneten Nachfolger präsentieren kann.

Immer öfter müssen Unternehmen auf externe Nachfolger zurückgreifen

Der Unternehmensnachfolge kommt daher eine entscheidende Rolle zu, mit der sich Firmenchefs möglichst frühzeitig beschäftigen sollten. Ist eine interne Lösung nicht realisierbar, gerät dann eine externe Lösung in den Fokus. Und dies ist in Deutschland - nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung - längst keine Ausnahme mehr. Nach aktuellen Erhebungen übergeben zwar noch 54 Prozent der Inhaber bzw. Unternehmer ihre Firma an die eigenen Kinder oder an geeignete Familienmitglieder, aber bereits 29 Prozent entscheiden sich - oftmals  notgedrungen - für eine externe  Lösung. Immer häufiger kommt es dabei vor, dass sich ehemalige Berater und reine Restrukturierungsexperten für die Unternehmensnachfolge interessieren und dieses Vorhaben auch realisieren. Aber auch der Weg der externen  Unternehmensnachfolge ist gespickt mit Hürden, Hindernissen und Fallstricken.

Potentielle Nachfolger müssen sich teilweise mit verheerenden Gegebenheiten auseinandersetzen

Denn sowohl die zumeist langjährige Unternehmensgeschichte und die Loyalität der bestehenden Mitarbeiterschaft als auch die zukünftigen Erfolgsaussichten und mögliche Umstrukturierungen fungieren hierbei als wesentliche Faktoren. Hinzu kommt, dass Betrieben oft schon das Wasser bis zum Hals steht, wenn sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Unternehmenslenker machen. Dann finden potentielle Interessenten bzw. Kandidaten nahezu verheerende Gegebenheiten vor. Veraltete Fertigungsprozesse, ein erlahmter Vertrieb, ein fehlendes ERP-System, nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter - Probleme dieser Art erschweren eine reibungslose Übernahme durch einen externen Nachfolger. Übernahmen in einer Krisensituation dieser Art durch einen externen Nachfolger wird in der Branche Distressed M&A genannt. Im Laufe der vergangenen Jahre ist diese Vorgehensweise immer populärer geworden; der Markt und der Wettbewerb wachsen stetig.

„Gerade über Generationen geführte Familienbetriebe tun sich oft schwer mit externen Nachfolgern. Hier muss viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Schließlich gilt es der Unternehmerfamilie, den Banken, sonstigen Multiplikatoren und nicht zuletzt der Belegschaft den neuen Weg aufzuzeigen und diese mitzunehmen. Notwendig ist hierfür auf jeden Fall ein aussagekräftiges Konzept und eine zukunftsorientierte Strategie, wobei durchaus auch harte Einschnitte ihre Berechtigung haben können."

Das Interesse an Übernahmen und Zukäufen wird deutlich steigen

Und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. So rechnet inzwischen jeder zweite Restrukturierungsexperte in den kommenden Monaten mit einem nicht unerheblichen Anstieg der Nachfolgesuche unter Krisenbedingungen. Fakt ist: Auch abseits der klassischen Käuferschichten ist das Interesse an den jeweiligen Zielobjekten groß. Neben den obligatorischen Verkäufen aus der Insolvenz  stehen hierbei auch eben Nachfolgeübernahmen, Verkäufe kriselnder Unternehmenssparten sowie Transaktionen in Sondersituationen, wie zum Beispiel bei einer Restrukturierung, im Fokus. Für ein starkes Anwachsen der Distressed-M&A-Deals spricht zudem auch die Tatsache, dass sich zahlreiche Unternehmen explizit aufgrund des aktuellen Niedrigzinsumfeldes so gerade eben noch am Markt halten können.  Wirtschaftsexperten gehen aber davon aus, dass die Mehrzahl dieser Firmen bei Beginn einer Zinswende schlagartig Probleme bekommen.

Distressed-M&A-Deals: Turnaround-Konzept muss potentiellen Nachfolger überzeugen

Zwar geht die Mehrzahl der Marktbeobachter davon aus, dass der eigentliche Schwerpunkt Distressed-M&A-Deals auf entsprechende Transaktionen vor einer Zahlungsunfähigkeit respektive Insolvenz liegen wird, aber es kristallisiert sich laut Erhebungen und Studien immer weiter heraus, dass diese Art von Geschäften auch im Rahmen von Nachfolgeregelungen bzw. -situationen Anwendung findet. Allerdings braucht man hierfür einen langen Atem und vor allem eine überaus sorgfältige Planung. So muss ein schlüssiges Turnaround-Konzept vorliegen, damit die nachhaltigen Erfolgsaussichten hinreichend dokumentiert werden können. Denn ohne eine Strategie, die einem externen Nachfolger gegenüber detailliert darlegen kann, wie ein Unternehmen erfolgreich am Markt bestehen will bzw. wie die Firma wieder zurück in die Erfolgsspur kommen möchte, werden viele potentielle Nachfolgekandidaten im Rahmen eines Distressed-M&A-Deal schlichtweg abwinken.